Freitag, 17. Januar 2020

Spaziergang (3) - Humboldthafen, Hamburger Bahnhof


Der Humboldthafen

Wir gehen zurück zum Hauptbahnhof und orientieren uns östlich. Neben dem Hauptbahnhof sehen wir – soweit es uns die Bauzäune und neuen Gebäude erlauben – den Humboldthafen.

(Kartenabschnitt für diese Etappe.)
Der Humboldthafen verbindet Spree und den Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal. Er wurde an der Stelle errichtet, wo vorher Menardies Weinberg war. Der Entwurf stammt, wie so vieles in der Gegend, von Peter Joseph Lenné. Der Humboldthafen wurde 1859 fertiggestellt. Der Humboldthafen wurde schon früh von dem Stadtbahnviadukt gequert. Es ist auch jetzt zu empfehlen, einmal mit der S-Bahn das Stück von der Friedrichstraße bis zum Hauptbahnhof zu fahren und sich dabei die Umgebung, insbesondere den Hafen und die anliegenden Charité-Gebäude genauer anzusehen. Früher waren neben dem Lehrter Bahnhof zum Humboldthafen Lagerhallen; damals wurde der Hafen auch noch von Lastschiffen genutzt. Inzwischen hat er keine entsprechende Funktion mehr. Zeitungsberichten können wir entnehmen, dass im 19. Jahrhundert alle möglichen Waren, von Heu bis zu Ziegelsteinen am Humboldthafen angeliefert wurde.

Humboldthafen vor der Bebauung des Nordufers. 

Der Humboldthafen war von 1961 bis 1989 das letzte Stück Westen vor der Mauer, deswegen war das Gelände eher vernachlässigt. Selbst 2010 wurde das Ufer zur Invalidenstraße nur von verschiedenen Zeltbetrieben genutzt – einem Show-Koch-Zelt, wie es in Berlin einige gab, und einer Strandbar, die auch eine Art Oktoberfest veranstaltete.
Dabei blieben die jeweiligen Zelte von den typischen Berliner Unkräutern eingesäumt, Königskerzen, Stechapfel, Rucola; das Gelände war zudem von Karnickelbauten durchzogen. Vor wenigen Jahren begann allerdings die Bebauung der zur Invalidenstraße gelegenen Hafenseite; wenn man den verschiedenen alten Ansichten und Karten glauben kann, ist es eine Erstbebauung. Der Blick auf das Stadtbahnviadukt und den gegenüberliegenden Bundestag, Kanzleramt und das Regierungsviertel hat man nun nur noch an wenigen Stellen. Vor dem Krieg konnte man dagegen aus dieser Perspektive auch noch unmittelbar die Siegessäule sehen, die bis 1939 noch vor dem Reichstag stand. Mit der Neugestaltung ist der Humboldthafen nicht mehr ein rätselhaft verwildertes Blickfenster zur übrigen Stadt, sondern nur noch ein weiterer Büroimmobilienriegel mit asymmetrischer Fensterkonstruktion, wie es sie in der Umgebung des Hauptbahnhofes häufig gibt.

Obwohl das Ufer des Humboldthafens zur Invalidenstraße wohl nicht bebaut war, konnte man in den letzten Jahren in den Baugruben für die Neugestaltung zahlreiche alte Betonfundamente sehen. Rätselhaft, wofür sie notwendig waren. 


Einer Zeitungsmeldung von 1930, die darüber berichtet, wie ein Auto beim Abbiegen von der Invalidenstraße auf das Alexanderufer (vor dem Charité-Gelände) ins Schleudern kam und in den Humboldthafen stürzte, verdanken wir den Hinweis, dass auch auf dem Alexanderufer (bei der Charité) und nicht nur neben dem Bahnhof Ladekais waren.

Am Humboldthafen gab es auch den ersten Mauertoten. Am 24.8.1961 versuchte der 24-jährige Günter Litfin über den Humboldthafen in den Westen zu fliehen. Er wurde nur wenige Meter vom Ostufer entfernt von Grenztruppen erschossen. Am westlichen Ende der Sandkrugbrücke erinnert eine Gedenktafel an ihn, am Hauptbahnhof gibt es einen Gedenkstein. Später kommen wir noch an einer Gedenkstätte für ihn, die in einem früheren Grenzwachturm ist, vorbei. Nach ihm starben noch fünf weitere Menschen in den Grenzgewässern Humboldthafen und Berlin-Spandauer-Schiffahrtskanal.



Hamburger Bahnhof und Sozialgericht

Hamburger Bahnhof um 1850. (Bild gemeinfrei.)


Gegenüber vom Humboldthafen sehen wir das Sozialgericht Berlin und den Hamburger Bahnhof. Das Sozialgericht ist in dem 1875 erbauten früheren Verwaltungsgebäude der Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft, die auch den nebenan gelegenen Hamburger Bahnhof betrieb. Der Hamburger Bahnhof wurde im Dezember 1846 eröffnet. Die Strecke Berlin-Hamburg querte damals noch fünf eigenständige deutsche Länder. Die Private Eisenbahn wurde dann später verstaatlicht und die Strecke ab 1884 abschnittsweise in den Bestand der Preußischen Staatseisenbahnen übernommen. Da sowohl Hamburger als auch Lehrter Bahnhof Strecken in den Norden bedienten, waren nicht beide notwendig. Der Hamburger Bahnhof wurde deswegen 1884 geschlossen, seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde er als Eisenbahnmuseum genutzt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Bahnhof lange nicht mehr genutzt, die verbleibenden Teile der Sammlung wurden in das Technikmuseum überführt. 1996 wurde er unter dem Namen Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst wiedereröffnet. Nach eigenen Angaben gehört die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof zu den größten und wichtigsten öffentlichen Sammlungen für zeitgenössische Kunst weltweit. 

Grenzübergang Invalidenstraße

Wir stehen nun schon vor der Sandkrugbrücke, die von 1961 bis 1989 den Westen vom Osten trennte. Im Mai 1963 versuchten dort zwölf Menschen mit einem Autobus die Grenze Richtung Westen zu durchbrechen. Der Versuch blieb ohne Erfolg, die Flüchtlinge wurden verhaftet. 

Wenn man sich die alten Bilder ansieht, sieht man die Mauer, die das östliche Ufer des Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanals abriegelt. Auf Höhe der Invalidenstraße ist ein von zwei Türmen gesäumter enger Durchgang, der mit Schlagbaum gesichert ist, zu sehen. Vor dieser Mauer gab es aber auch noch die inneren Grenzanlagen, die schon auf Höhe des Invalidenparks begonnen. Nach dem Mauerfall wurde die Invalidenstraße wieder eine wichtige Ost-West-Verbindung.










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